Gesetz zur Umsetzung der Kitagebührenfreiheit und der Kitaqualitätssteigerung

Inhaltlich ist Ihr Haushaltsumsetzungsgesetz nicht der große Wurf. Erst lehnen Sie alle Anträge der Opposition zur Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten ab, und kurz vor Toresschluss kommen Sie dann doch mit einem eigenen Antrag um die Ecke.

aus dem Wortprotokoll

75. Sitzung
Priorität

Ich komme zu

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der SPD

Gesetz zur Umsetzung der Kitagebührenfreiheit und der Kitaqualitätssteigerung  sowie zur Einführung einer Notfallsanitäterzulage und Gewährung von Anwärtersonderzuschlägen (Haushaltsumsetzungsgesetz)

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU
Drucksache 17/2685

Erste Lesung

Vizepräsident Andreas Gram:

– Frau Dr. Schmidt, Sie haben jetzt das Wort für die Linksfraktion. – Bitte sehr! – Ich bitte Sie, die Gespräche etwas einzustellen; es redet jetzt Frau Dr. Schmidt!

Dr. Manuela Schmidt (LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Schneider! Sie werden überrascht sein, ich teile Ihre Auffassung. Dieser Antrag ist einmal mehr Ausdruck Ihres Politikstils, da haben Sie recht.

[Lachen von Torsten Schneider (SPD)]

Erst kommt in den Haushaltsberatungen von Ihrer Seite lange Zeit gar nichts, und dann denken Sie sich in einer Nacht- und Nebelaktion Wahlkampfversprechen aus. Genauso plötzlich stellen Sie fest, dass Ihre Wahlkampfversprechen mit den im Land durchaus vorhandenen gesetzlichen Regularien gar nicht mehr rechtzeitig vor der Wahl umzusetzen sind. Also denken Sie sich wieder etwas Neues aus – ein Haushaltsumsetzungsgesetz. Klingt gewaltig, könnte aber auch Ausschüttungsrunden-Umsetzungsgesetz heißen.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es ist aber trotzdem nur ein Artikelgesetz, unter das Sie alles subsummieren, was Sie noch schnell geändert haben wollen.

Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, von Institutionen und von Bündnissen nicht wollen. Sie schreiben ein Haushaltsumsetzungsgesetz, doch diejenigen, die es umsetzen sollen, erfahren von Ihren Absichten aus der Zeitung. Die von diesen Gesetzesänderungen Betroffenen bekommen – –

Vizepräsident Andreas Gram:

Frau Kollegin! Darf ich Sie einen Moment unterbrechen! – Meine Herrschaften! Im Saal herrschen ein Gemurmel und ein ständiger Geräuschpegel. Wenn Sie etwas zu besprechen haben, tun Sie es draußen. Ansonsten hören Sie bitte zu!

Dr. Manuela Schmidt (LINKE):

Das zeugt von dem Interesse, das in diesem Haus für die Wahlkampfversprechen und deren Umsetzung vorhanden ist. Aber gut!

[Karlheinz Nolte (SPD): Na, na, na!]

Fakt ist doch aber auch, dass die von den Gesetzesänderungen Betroffenen von Ihnen überhaupt keine Chance bekommen, sich angemessen an dem Prozess der Erarbeitung dieser Gesetze zu beteiligen.

Auch inhaltlich ist Ihr Haushaltsumsetzungsgesetz nicht der große Wurf. Erst lehnen Sie alle Anträge der Opposition zur Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten ab, und kurz vor Toresschluss kommen Sie dann doch mit einem eigenen Antrag um die Ecke.

[Burgunde Grosse (SPD): Schauen Sie mal an!]

Toller Schritt! Berlin investiert in die frühe Bildung, so hieß es in der Beschlussfassung. Offen blieb aber das Kleingedruckte. Was kann man für 22,5 Millionen Euro in 2016 und 49 Millionen Euro für 2017 bekommen? – Nun liegt uns Ihr Vorschlag vor, und er ist enttäuschend, selbst an den geringen Erwartungen gemessen. Es werden Jahre vergehen, bis die Verbesserungen insbesondere in den kleineren Einrichtungen wirklich spürbar werden. Erst 2019 wäre das Ziel erreicht, ein Kind weniger pro Altersgruppe bei den Kleinen zu betreuen. Im bundesweiten Qualitätsvergleich behält Berlin also auf weitere Jahre die rote Laterne. Schade, dass Sie den Eltern in unserer Stadt nicht zugehört haben. Da hieß es klar und deutlich: erst Qualität, dann Beitragsfreiheit. – Nun kommt beides, und nichts richtig. Das ist fahrlässig, vor allem weil Senat und Koalition nichts dazulernen. Mit der Beitragsfreiheit für den Hort wird schon wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben.

[Zuruf von Burgunde Grosse (SPD)]

Wir sind ja dafür, aber auch hier muss zuerst die Qualität in den Fokus.

[Beifall bei der LINKEN –
Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Die Bezahlung für den neuen Beruf des Notfallsanitäters wollen Sie in Ihrem Haushaltsumsetzungsgesetz gleich noch mitregeln. Dieser Beruf wurde bereits am 1. Januar 2014 per Bundesgesetz eingeführt, er ersetzt den bisherigen Rettungsassistenten. Die Länder haben dies einzeln in ihrem jeweiligen Beamten- bzw. Laufbahnrecht umzusetzen. Hier hat Berlin wenigstens schon gehandelt. Seit dem 1. September 2015 befinden sich 18 Auszubildende in der dreijährigen Berufsausbildung zum Notfallsanitäter. Sie werden ihre Ausbildung voraussichtlich im August 2018 abschließen. Darüber hinaus werden 120 Rettungsassistenten demnächst ihre Ergänzungsfortbildung zum Notfallsanitäter abschließen, und 51 Angehörige der Berufsfeuerwehr haben die Ergänzungsausbildung erfolgreich absolviert. Notfallsanitäter müssen eine umfassendere Ausbildung absolvieren als die bisherigen Rettungsassistenten. Letztere können durch eine Zusatzqualifikation auf den neuen Beruf umsatteln. Folgerichtig erledigt der Notfallsanitäter mehr und verantwortungsvollere Aufgaben im Rettungsdienst und muss dementsprechend besser bezahlt werden. Es wird also höchste Zeit, dass Sie die Bezahlung regeln.

Trotzdem lassen Sie viele Fragen offen. Warum wird eine befristete Zulage gewählt, statt es über die Besoldungsstufen zu regeln? Wie wird mit den angestellten Rettungsdienstkräften umgegangen, die die Ausbildung bereits absolviert haben? Wie werden diese eingruppiert? – Dazu gibt es im TV-L keine Festlegung. Es ist Ihre Verantwortung, hier eine Entscheidung zu treffen.

Was bleibt also als Fazit zu diesem Antrag, verehrte Damen und Herren der SPD? – Sie versprechen viel, halten wenig und setzen es am Ende auch noch schlecht um. Das ist Verantwortungslosigkeit pur.

[Beifall bei der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN
und den PIRATEN]

Vizepräsident Andreas Gram:

Danke schön, Frau Kollegin Dr. Schmidt! –