Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem PeWoBe-Flüchtlingsheim in Hellersdorf

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Elke BreitenbachManuela Schmidt

Drucksache 17 / 16 396 - Wie hoch waren die vertraglich vereinbarten Investitions- und Herrichtungskosten für die Ertüchtigung/Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in der CarolaNeher-Straße und Maxie-Wander-Straße, die das Land Berlin direkt an den privaten Heimbetreiber PeWoBe gezahlt hat?

Drucksache 17 / 16 396

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Dr. Manuela Schmidt (LINKE)

vom 09. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2015) und Antwort

Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem PeWoBe-Flüchtlingsheim in Hellersdorf

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

1. Wie hoch waren die vertraglich vereinbarten Investitions- und Herrichtungskosten für die Ertüchtigung/Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in der CarolaNeher-Straße und Maxie-Wander-Straße, die das Land Berlin direkt an den privaten Heimbetreiber PeWoBe gezahlt hat (bitte nach Gebäude aufschlüsseln)?

Zu 1.: Entsprechend der Anlage 8 des Betreibervertrages vom 24.01.2014 wurde für die Nutzungsänderungen der Schulgebäude als Gemeinschaftsunterkunft ein Zahlungsplan in der Carola-Neher-Straße in Höhe von 2.107.198,01 Euro (netto/brutto: 2.507.565,63 Euro) sowie für die Maxie-Wander-Straße von 2.455.349,94 Euro (netto/brutto: 2.921.866,43 Euro) vereinbart. Die Herrichtungskosten für die Notunterkunft waren nicht Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung.

2. In welcher Höhe hat das Land Berlin dem privaten Heimbetreiber PeWoBe Investitions- und Herrichtungskosten für die Flüchtlingsunterkunft in der Carola-NeherStraße und Maxie-Wander-Straße insgesamt gezahlt (bitte nach Gebäude aufschlüsseln)?

Zu 2.: Für beide Einrichtungen sind zusammen Baukosten von 6.488.783,11 Euro (brutto) angefallen. Aufgeteilt auf die Carola-Neher-Straße (CNS) und deren Bauabschnitte 1 (Notunterkunft) und 2 (Gemeinschaftsunterkunft) sind 1.059.351,05 Euro (brutto) und 2.507.565,63 Euro (brutto) ausgezahlt worden. Für die Gemeinschaftsunterkunft in der Maxie-Wander-Straße (MWS) wurden 2.921.866,43 Euro (brutto) gezahlt.

3. Auf welcher haushaltsmäßigen Grundlage wurden Investitions- und Herrichtungskosten für die Ertüchtigung/Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in der CarolaNeher-Straße und Maxie-Wander-Straße an den privaten Heimbetreiber PeWoBe gezahlt? Aus welchen Kapiteln und Titeln erfolgten die Zahlungen?

4. Wurden dabei die Vorgaben gemäß § 24 Landeshaushaltsordnung (LHO) insbesondere bezüglich der Ermittlung des Kostenrahmens, der Überwachung, der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und des Controllings eingehalten? Wenn nein, warum nicht?

8. Wer nahm intern die Aufgaben des Projektcontrollings wahr? Falls das Projektcontrolling nicht intern wahrgenommen wurde, wurde ein externes Projektcontrolling mit der Überwachung der Ertüchtigung/Herrichtung der Gebäude in der Carola-NeherStraße und Maxie-Wander-Straße vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) beauftragt? Wenn ja, wann?

9. Wer wurde mit dem externen Projektcontrolling zur Überwachung der Ertüchtigung/Herrichtung der Gebäude in der Carola-Neher-Straße und Maxie-Wander-Straße vom LAGeSo beauftragt und fand eine Ausschreibung statt? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht und nach welchen Kriterien wurde das Projektcontrolling extern vergeben?

11. Sind die Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung in die Entscheidungen der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bzw. des LAGeSo zur Erstattung von Herrichtungsund Investitionskosten bei diesen Objekten einbezogen worden? Wenn ja, auf welcher Grundlage und auf welche Art und Weise?

12. Inwieweit hat die Senatsverwaltung für Finanzen Ausnahmegenehmigungen gemäß § 24 LHO erteilt, und von wem wurden sie wann und auf welcher Grundlage beantragt, und welche Auflagen enthielten sie gegebenenfalls?

Zu 3., 4., 8., 9. sowie 11. und 12.: Grundlage für das Verwaltungshandeln ist § 4 Abs. 1 Satz 1 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz (AZG), bzw. Nr. 14 (Sozialwesen) des Allgemeinen Zuständigkeitskatalogs (ZustKat AZG), hier Absatz 16, wonach die Errichtung und der Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sowie die Beschaffung von Heimund Wohnplätzen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Ausländerinnen und Ausländer, die nach den §§ 15a, 22, 23 oder 24 des Aufenthaltsgesetzes aufgenommen worden sind, durch Verträge mit Dritten zu realisieren sind. Dementsprechend erfolgt die Finanzierung durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) über Tagessätze, deren Bestandteil u. a. auch nutzerbedingte Herrichtungskosten enthalten. In den Fällen, in denen aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit zur Vermeidung von Obdachlosigkeit (Nr. 19 Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKat Ord)), vorgezogene Maßnahmen zur Herrichtung eines Objektes als Notunterkunft erforderlich werden, konnten bisher grundsätzlich auf Antrag der jeweiligen Betreiberin bzw. des Betreibers im Wege einer vorgezogenen Tagessatzfinanzierung die notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Die vorgezogene Tagessatzfinanzierung erfolgte aus dem Kapitel 11 66 Titel 671 59.

Die Herrichtung der Notunterkunft wurde daher weder als Baumaßnahme des Landes Berlin (Hauptgruppe 7) noch als zuwendungsfinanzierte Baumaßnahme (Hauptgruppe 8) durchgeführt. Deshalb fand § 24 Landeshaushaltsordnung (LHO) auf diese Maßnahme keine Anwendung. Dessen ungeachtet wurden im LAGeSo eingereichte Pläne und Kostenschätzungen dem externen Projektcontroller vorgelegt.

Auf Grund der Eilbedürftigkeit – Betrieb als Notunterkunft – wurde mit dem Architektur& Sachverständigenbüro Smolibowski, mit dem bereits in vorangegangener Zusammenarbeit mit dem LAGeSo Erfahrungen bestanden, am 2. und 3. September 2013 ein Projektsteuerungsvertrag zur Beratung, Unterstützung und Projektsteuerung bei der Realisierung der Objekte Carola-NeherStraße und Maxie-Wander-Straße abgeschlossen.

Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Herrichtung war zwar die voraussichtliche Gesamthöhe der Herrichtungskosten bekannt, wegen der noch nicht entschiedenen Laufzeit konnte jedoch zu diesem Zeitpunkt die endgültige Höhe des zugehörigen Tagessatzanteils vom LAGeSo noch nicht ermittelt werden; gleichzeitig war wegen des dringenden Bedarfs an der Notunterkunft unverzügliches Handeln erforderlich. Daher wurden die voraussichtlichen, zur Realisierung des Objekts unabdingbar erforderlichen Tagessatzanteile grundsätzlich auf entsprechenden Antrag vorgezogen ausgezahlt.

5. Zu welchem Zeitpunkt gab es auf welcher planerischen Grundlage Kostenschätzungen bzw. -ermittlungen für die Ertüchtigung/Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße und Maxie-WanderStraße? Wie hoch waren diese jeweils und was waren die Gründe für Änderungen?

6. Wer hat die Kosten und gegebenenfalls Kostensteigerungen genehmigt?

7. Haben sich einzelne Kostenpositionen für die Ertüchtigung/Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße und Maxie-Wander-Straße im Laufe der Zeit erhöht? Wenn ja, welche, warum haben sich diese erhöht und zu welchem Zeitpunkt wurde dies jeweils festgestellt (bitte nach Gebäude aufschlüsseln)?

Zu 5., 6. und 7.: Die Kostenschätzungen bzw. -ermittlungen wurden für die Gemeinschaftsunterkunft vor Bauantragsstellung eingereicht. Die Kosten wurden vom externen Projektcontrolling, Architektur& Sachverständigenbüro Smolibowski, geprüft und genehmigt. Die einzelnen Kostenpositionen wurden eingehalten.

10. Wer waren jeweils die am Bau der Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße und Maxie-WanderStraße gemäß Berliner Bauordnung – Vierter Teil – Beteiligten (Bauherr*in, Entwurfsverfasser*in, Unternehmer*in, Bauleiter*in etc.) und ist es zu einem oder mehreren Wechseln im Laufe der Planungsund Bauphase gekommen? Wenn ja, welche waren dies jeweils?

Zu 10.: Nach der Bauantragsstellung durch die Professionelle Wohnund Betreuungsgesellschaft (PeWoBe) wurde vorübergehend das LAGeSo Bauherr, später erfolgte ein erneuter Bauherrenwechsel zur PeWoBe.

Berlin, den 29. Juni 2015

In Vertretung

Dirk G e r s t l e
Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Juli 2015)