Berlin lehnt das Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz ab

Die Linksfraktion fordert mit diesem Antrag, das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt abzulehnen.

17. Wahlperiode • 2. Sitzung
Antrag der Fraktion Die Linke auf Annahme einer Entschließung – Drucksache 17/0009

[aus dem Wortprotokoll]

Vizepräsidentin Anja Schillhaneck:

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Linken. Das Wort hat Frau Dr. Schmidt. – Bitte!

 
Dr. Manuela Schmidt (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach einer hitzigen Debatte zu Software und Trojanern kommen wir jetzt wieder zum lieben Geld. – Die Linksfraktion fordert mit diesem Antrag, das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt abzulehnen. Wir fordern den Senat auf, die Ratifizierung dieses Abkommens im Bundesrat abzulehnen.

[Beifall bei der LINKEN]

Dazu will ich im Wesentlichen zwei Gründe anführen. Zum einen sollte der Bund im Hinblick auf die Einnahmesituation der Länder und Kommunen ein Interesse daran haben, bei der Durchsetzung von Steuerforderungen hart zu verhandeln. Allerdings kann und wird das Abkommen hierzu nicht umfassend greifen, denn es enthält zahlreiche – nein, es enthält zu viele Umgehungsmöglichkeiten. Die einfachste und schnellste Form, um der Besteuerung des deutsch-schweizerischen Abkommens zu entgehen, besteht in der Kontenauslagerung in eine ausländische Niederlassung derselben Bank. Der Bankmitarbeiter bleibt für den Kunden derselbe, lediglich das Konto ist dann vielleicht in Hongkong oder Singapur. Somit kann die Zahlungsverpflichtung nicht mehr durchgesetzt werden.

Des Weiteren ist nicht alles, was irgendwo bei Schweizer Banken liegt, zu versteuerndes Kapital. Zu den Vermögenswerten im Sinn des Abkommens zählen beispielsweise nicht die Inhalte von Schrankfächern. Es gibt Hinweise, dass die Nachfrage nach Schrankfächern in der Schweiz in den letzten Wochen deutlich angestiegen ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Mit dem Vertrag soll auch die pauschale Nachversteuerung von bisher unversteuertem Altvermögen in der Schweiz geregelt werden. Schätzungen gehen von bis zu 300 Milliarden Euro aus. Die pauschale Besteuerung, die zwischen 19 und 34 Prozent liegen soll, ist für die meisten Betroffenen deutlich niedriger als ihr persönlicher Einkommensteuersatz, zu dem sie ihr Geld eigentlich hätten versteuern müssen. Es geht hier also um Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe, die der Allgemeinheit entzogen werden. Das widerspricht in eklatanter Weise dem Prinzip der Steuergerechtigkeit und damit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechend Artikel 3 unseres Grundgesetzes. Ich spreche hier vor allem die Kolleginnen und Kollegen der CDU an. Erklären Sie das doch mal dem normalen Steuerzahler, dem Bürger, der Bürgerin auf der Straße, wo doch schon jetzt Lohneinkünfte höher besteuert werden als Kapitaleinkünfte!

Zum Zweiten will ich auf das fragwürdige Rechtsverständnis in diesem Abkommen hinweisen. In Artikel 7 Abs. 7 steht, dass alle Steueransprüche vor dem Stichtag 31. Dezember 2002 komplett ohne jede Abgeltungsteuer erlöschen. Damit werden unzählige Milliarden Euro ohne Nachzahlung oder Strafe legalisiert. Gleichzeitig sollen die der pauschalen Nachbesteuerung unterfallenen Steuerflüchtlinge straffrei und anonym bleiben. Ich frage Sie besorgt: Was ist das für ein Rechtsverständnis? Es geht um hinterzogene Gelder. Jeder kleine Diebstahl wird – zu Recht! – strafrechtlich verfolgt. Wenn es aber darum geht, dass bis zu 300 Milliarden Euro unversteuert bleiben, dann soll das mit einer Amnestie belohnt werden. Mit der Linken ist das nicht zu machen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Insgesamt bedeutet das Abkommen keine konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug, und es bedeutet die Legalisierung von erheblichen Steuermindereinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe.

Herr Buchholz! Sie haben vorhin gefragt, wo die Mehreinnahmen herkommen. Ich sage es Ihnen: Lehnen Sie die Ratifizierung dieses Abkommens im Bundesrat ab! Stimmen Sie unserem Antrag zu, und lassen Sie nicht zu, dass wir hier auf Steuereinnahmen verzichten! Bleiben Sie konsequent in Ihrer Forderung nach Steuermehreinnahmen für die Länder und Kommunen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN]