Neue Liegenschaftspolitik – was sind die Maßgaben der Koalition wert?

Mündlichen Anfrage: Welche praktischen Auswirkungen haben die von der Koalition im Hauptausschuss beschlossenen Maßgaben, nach denen kein Vorrang des Verkaufs bestehen und eine zusätzliche Kategorie bei der Clusterung der Grundstücke gebildet werden soll, auf die Umsetzung des „Konzepts zur transparenten Liegenschaftspolitik“?

21. Februar 2013

27. Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses

Präsident Ralf Wieland:

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Mündlichen Anfrage Nr. 4 von Frau Dr. Manuela Schmidt von der Linksfraktion

Neue Liegenschaftspolitik – was sind die Maßgaben der Koalition wert?

– Bitte schön, Frau Kollegin!


Dr. Manuela Schmidt (LINKE):

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche praktischen Auswirkungen haben die von der Koalition im Hauptausschuss beschlossenen Maßgaben, nach denen kein Vorrang des Verkaufs bestehen und eine zusätzliche Kategorie bei der Clusterung der Grundstücke gebildet werden soll, auf die Umsetzung des „Konzepts zur transparenten Liegenschaftspolitik“?

2. Inwieweit wird der Maßgabebeschluss Auswirkungen auf den im Senatskonzept enthaltenen Ausschluss von Unter-Wert-Veräußerungen haben?

Präsident Ralf Wieland:

Vielen Dank! – Zur Beantwortung Herr Senator Dr. Nußbaum – bitte schön!

Senator Dr. Ulrich Nußbaum (Senatsverwaltung für Finanzen):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Schmidt! Zu 1: Wie Sie in den Beratungen im Hauptausschuss gesehen haben, sieht das neue Liegenschaftskonzept keinen Vorrang des Verkaufs vor. Dort heißt es ausdrücklich: Neben der Ausschöpfung der fiskalischen Wertpotenziale ist der Liegenschaftsfonds genauso angehalten, Stadtentwicklung zu heben. Beim Einsatz von Liegenschaften sind daher ausdrücklich auch stadtentwicklungs-, wohnungs-, kultur- und wirtschaftspolitische Ziele zu beachten. Deshalb sieht das neue Liegenschaftskonzept – anders als Sie fragen – keinen Vorrang des Verkaufs vor.

Wir haben gemeinsam in der Stadt – durchaus mit einigen Mühen, das will ich gerne zugestehen – über den Umgang mit Grundstücken, auch über die Daseinsvorsorge debattiert und sind schließlich – so glaube ich – zu einem guten Ergebnis gekommen. Insofern werden wir die Liegenschaftspolitik und den Liegenschaftsfonds im Sinne dieser gemeinsamen Linie von Parlament und Senat neu ausrichten.

Wir haben in unserem Liegenschaftskonzept zunächst drei Kategorien von Grundstücken gebildet: Grundstücke mit Verkaufsperspektive, Grundstücke zur Daseinsvorsorge durch das Land – es handelt sich dabei um sogenannte Vorhalteflächen – und Grundstücke des Fachvermögens. Die zusätzliche Kategorie der Grundstücke mit Entwicklungsperspektive – das ist eben der Maßgabebeschluss des Hauptausschusses – wird jetzt zusätzlich in das Konzept und damit auch in die Clusterung aufgenommen und bei der Bewertung der Grundstücke mit berücksichtigt werden.

Zu der Clusterung haben wir gemeinsam beschlossen, dass diese in dem neuen Portfolioausschuss auf einer breiten Basis geschehen soll. Hier spielen vor allen Dingen qualitative Aspekte eine Rolle. Zusammen mit allen Vermögensträgern werden wir diese große Aufgabe bewältigen. Der Hauptausschuss hat in seinem Maßgabebeschluss auch gesagt: Sollte es bei dieser Clusterung im Portfolioausschuss zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, dann wird letztendlich das Abgeordnetenhaus durch den UA Vermögen entscheiden.

Zu 2: Unser Konzept – auch das möchte ich noch mal deutlich machen – schließt Unter-Wert-Veräußerungen ausdrücklich nicht aus. Diese waren, wie Sie wissen, auch in der Vergangenheit schon möglich. An den Vorschriften der LHO ändert sich durch das Konzept nichts. Wir sprechen lediglich davon, dass wir Transparenz über den Mehrwert, also über den Stadtnutzen für das Land Berlin herstellen wollen. Das muss die jeweilige Fachverwaltung prüfen. Insofern wird auch hier die Liegenschaftspolitik in Übereinstimmung der Beschlüsse von Senat und Parlament neu justiert.

Es spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen, wenn sich das Parlament ein parlamentarisches Selbstbefassungsrecht und auch das Recht verschaffen will, Unter-Wert-Veräußerungen zu machen. Das wird es in verfassungskonformer Weise tun.

Eine Auswirkung der angesprochenen Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik wird auch sein, dass wir im Haushalt für die kommenden Jahre unsere Einnahmeerwartungen deutlich reduzieren. Wir werden die Einnahmeerwartung voraussichtlich – ich möchte dem Senatsbeschluss nicht vorgreifen – auf 50 Millionen reduzieren müssen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Schmidt! Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass auch Sie nicht aus Ihrer Verantwortung entlassen werden können, daran mitzuarbeiten, dass in Ihrem Herkunftsbezirk Marzahn-Hellersdorf die notwendigen Flächen für Schulen, Kitas und andere Aspekte der Daseinsvorsorge identifiziert werden, denn Erfolg wird die neue transparente Liegenschaftspolitik nur dann haben, wenn alle Akteure gemeinsam daran arbeiten. Ich freue mich, dass wir mit dem Beschluss des Hauptausschusses mit dieser Arbeit begonnen haben. – Vielen Dank!

Präsident Ralf Wieland:

Danke schön! – Eine Nachfrage, Frau Kollegin Schmidt? – Bitte schön!

Dr. Manuela Schmidt (LINKE):

Ja, da ich schon so nett aufgefordert werde, mich an dem Aspekt der Daseinsvorsorge zu beteiligen – das werde ich gern tun, ich nehme da gern meine Verantwortung wahr. Ich will da auch eine konkrete Nachfrage starten, wenn auch jetzt nicht zu meinem Bezirk, aber was mich beschäftigt, ist die Flüchtlingsnotunterkunft in der Saarbrücker Straße, auch eine Liegenschaft im Portfolio des Liegenschaftsfonds und als solche auch gut geeignet für den Umbau zu einer Erstaufnahmeeinrichtung. Da Sie ja diese Daseinsvorsorge auch noch mal als einen wichtigen Aspekt benannt haben, kann ich davon ausgehen, dass jetzt der Umbau zur Erstaufnahmeeinrichtung erfolgt, weil der Vorrang an der Stelle besteht und ja wohl unbestritten ist, dass wir Plätze für Flüchtlinge brauchen?

Präsident Ralf Wieland:

Bitte schön, Herr Senator!

Senator Dr. Ulrich Nußbaum (Senatsverwaltung für Finanzen):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Schmidt! Wir haben das Liegenschaftskonzept doch gemeinsam diskutiert, und Sie sind auch jemand, der das kritisch gesehen hat. Dann wissen Sie auch, dass das Verfahren bei diesem Heim in der Saarbrücker Straße so sein wird, dass die entsprechende Fachverwaltung – das ist nicht der Senator für Finanzen, sondern, glaube ich, der Kollege Czaja – das bewerten und fachlich zum Ausdruck bringen muss, ob dieses Grundstück eben für diesen Zweck genutzt werden kann

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie ist es
mit dem Kirchhainer Damm?]

und ob dann dieses Grundstück möglicherweise unter Wert abgegeben wird. Dann muss im Grunde eine Art Testat oder eine Begründung kommen, warum das der Fall ist. Das ist eben genau das Thema, dass wir das transparent machen wollen. Es ist möglich, aber es muss, wie gesagt, von der entsprechenden Fachverwaltung unterstützt werden. Wenn diese Unterstützung plausibel und nachvollziehbar ist, wird es dann auch zu einem positiven Beschluss im Liegenschaftsfonds kommen.