Ein spannendes Stück Geschichte

Man kann die Überschrift förmlich sehen: „Marzahn – gebaut auf Schei...“ So oder so ähnlich würde die Zeitung mit den vier großen Buchstaben über die gewonnenen Erkenntnisse des gestrigen Kiezspaziergangs mit Dr. Manuela Schmidt berichten. Dass dem natürlich nicht so ist, dazu gleich mehr.

„Auf den Spuren der Geschichte Marzahns“ lautete das Motto des Spaziergangs und deshalb trafen wir uns mit 30 interessierten Bürgerinnen und Bürgern zunächst im Bezirksmuseum Marzahn-Hellersdorf, welches jedem, der mehr über die Geschichte des Bezirkes erfahren möchte, wärmstens ans Herz gelegt sei. Frau Ifland, als Leiterin, gab uns einen Rundumblick über die historische Stadtentwicklung, von der früh- über die neuzeitliche Besiedlung im 19. Jahrhundert bis hin zur Gegenwart und der Entwicklung der Großsiedlung. Während sich die Dörfer Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und das heutige Alt-Marzahn in dörflicher Struktur entwickelten, orientiert sich der Straßenaufbau und die Infrastruktur der Großsiedlung an den Rieselfeldern, die zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Diese waren notwendig, um die Abwässer aller Art aus den damaligen Berliner Stadtgrenzen bewältigen und abführen zu können. Also eine recht notwendige Entscheidung und alles halb so schlimm. Aber natürlich kann man sich als geneigter Beobachter vorstellen wie ein Boulevardblatt das kommunizieren würde, um seine Klischees bedienen zu können.

Zurück zum Wesentlichen: Nach dem Besuch des Museums ging es weiter zum ältesten Friedhof Marzahns. Direkt an der Landsberger Allee wurde 1893 feierlich - die Wortwahl liegt im Auge des Betrachters - der neue Friedhof eingeweiht, nachdem der alte direkt an der Dorfkirche 1889 aus Platzmangel geschlossen werden musste.  Keine hundert Jahre später fand aber auch auf dem neuen Friedhof die letzte Bestattung statt. Seitdem liegt die parkähnliche Anlage im Dornröschenschlaf und ist vielen Bewohnerinnen und Bewohnern unbekannt. Von der früheren Kapelle ist nichts mehr zu sehen und die Grabsteine versinken im Boden. Vielleicht wäre es ganz schön, wenn die Anlage ein wenig mehr Beachtung finden würde. Eine geschichtliche Aufarbeitung scheint sinnvoll und auch ein wenig gärtnerische Pflege wäre wünschenswert.

Unsere letzte Station führte uns zum Müller an der Mühle Marzahn. Und wahrlich der Müller ist ein Unikat. Es gibt wenige, die mit so viel Leidenschaft und Hingabe ihrer Arbeit nachgehen. Die Begeisterung, die er versprüht, wenn es um das Handwerk geht und aktuell auch um die Sanierung der Flügel an der Mühle ist einmalig. Daher sei den Leserinnen und Lesern das Marzahner Erntefest empfohlen. Dieses findet am 9./10. September statt. Dort können Sie selber auf den historischen Spuren Marzahns wandeln oder einfach nur ein Brot beim besten Müller der Stadt kaufen. Und im kommenden Jahr werden wir wieder gemeinsam mit Dr. Manuela Schmidt „Marzahn Mitte“ bei neuen Kiezspaziergängen entdecken.