"Rotes Sofa" zu Charlotte von Mahlsdorf

Ein besonderes „Rotes Sofa“ für einen außergewöhnlichen Menschen

International ist Charlotte von Mahlsdorf seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten eine Berühmtheit. Die Frau mit der Perlenkette hat Einzug in die Theater von London, New York, Sidney und sogar Warschau gefunden. Ihre Charakterstärke, ihre als Transvestit offen zur Schau getragene Weiblichkeit ist für viele junge Theaterschauspieler*innen Symbol für eine tolerante, offene, moderne und vielseitige Gesellschaft und vor allem die Verkörperung des Wunsches danach, Individualität ausleben zu können.

Für Charlotte von Mahlsdorf war dieser Weg oft ein schwieriger. Der eigene Vater Nazi, der gesellschaftliche Aufbruch in den Nachkriegsjahren noch weit weg und damit eingekesselt in Erwartungen und Zwänge, die eine offene Auslebung der eigenen sexuellen Identität sehr schwierig machten. Dennoch hat sich Charlotte von Mahlsdorf davon nicht beirren lassen. Sie hat einerseits ihre Sexualität immer ausgelebt und andererseits über ihre Lebensjahre hinweg eine unvergleichliche Sammlung an Mobiliar aus der Gründerzeit in ihrem Gutshaus geschaffen. Diese Sammlung ist heute das Herzstück des Gründerzeitmuseums in ihrem Geburtsort.

Mit ihrem Tod im Jahr 2002 begannen einige Unermüdliche das Lebenswerk von Charlotte von Mahlsdorf zu erhalten und vor allem ihr Gutshaus grundständig zu sanieren. In einer Nacht und Nebelaktion wurden von Monika Schulz-Pusch, der Leiterin des Gutshauses Mahlsdorf, aus Schweden Möbel zurückgeholt, die Charlotte von Mahlsdorf in ihr Exil mitgenommen hatte. Enge Freunde halfen, das Dach zu dichten, Wände zu begradigen und den Innenausbau zu übernehmen. Vor nunmehr 10 Jahren begann dieser Prozess, der mittlerweile weitestgehend abgeschlossen ist. Der Verein hat dafür unentwegt Gelder gesammelt, Besitzverhältnisse geklärt und vor allem Zeit und Mühe investiert. Von dem beeindruckenden Ergebnis kann sich heute jeder im Museum überzeugen lassen.

Aber auch filmisch rückte das Wirken von Charlotte von Mahlsdorf in den Fokus international bekannter Regisseure. Rosa von Praunheims Verfilmung „Ich bin meine eigene Frau“ aus dem Jahr 1992 bildete einen ersten Höhepunkt in der thematischen Auseinandersetzung mit Charlotte und ihrem Dasein in der Gesellschaft. Auf dem „Roten Sofa“ nahm deshalb auch Carmen Bärwald Platz. Sie trägt aktuell mit ihrem Dokumentarfilm „Sonntagskind“ dazu bei, wieder ein breites Publikum auf das Wirken der Charlotte von Mahlsdorf aufmerksam zu machen.

Ebenso hat der Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Frühjahr 2018 mit der Benennung des „Charlotte-von-Mahlsdorf-Ring“ ein wichtiges politisches Statement für Offenheit, Vielfalt und Toleranz gesetzt. Auf dem „Roten Sofa“ waren sich deshalb alle Anwesenden einig, dass sowohl das Leben und Wirken der Charlotte von Mahlsdorf beeindruckend ist, aber ebenso Hochachtung vor denjenigen besteht, die mit so viel Aufwand ihr weltliches und geistiges Vermächtnis pflegen und für uns alle erhalten.